Welche Infrastrukturmaßnahmen bezüglich Verkehr stellen Sie zukünftig in den Mittelpunkt? Ab 2018 drohen in vielen Städten Fahr- verbote für Dieselfahrzeuge schlechter als Euro 6. Unterstützen Sie dieses Vorgehen? Autonom fahrende Autos sind ein großes Trendthema. Welche Voraussetzen müssen geschaffen werden, um das umzusetzen? CDU/CSU: Wir werden auch weiter Straßen, Autobahnen und Brücken sanieren, neue Pro- jekte realisieren und vorhandene Lücken schlie- ßen. Wir wollen Erleichterungen erzielen bei der Planung und Durchführung von Infrastruktur- projekten sowie beim Abrufen von Förder- mitteln. Wir verkürzen die Dauer von Planungs- verfahren durch Entbürokratisierung. Dazu ver- abschieden wir ein Planungsbeschleunigungs- gesetz. Bei Ersatzneubauten beschränken wir die Verwaltungsgerichtsverfahren auf eine Instanz. Für besonders wichtige Projekte orientieren wir uns an den positiven Erfahrungen bei den Ver- kehrsprojekten Deutsche Einheit. CDU/CSU: Wir lehnen ein Dieselfahrverbot ab. Wir sprechen uns dagegen aus, Autofahrern den Antrieb ihres Autos gesetzlich vorzuschreiben. Zudem ist es wirkungsvoller, bei Fahrzeugen anzusetzen, die sich ständig im Stadtverkehr befinden, etwa Taxen, Busse oder Behörden- fahrzeuge. Dies dient der Reduzierung von Stickoxiden mehr als ein Einfahrverbot. Wir set- zen auf Technologieoffenheit sowie die Nach- rüstung von Dieselfahrzeugen. Zudem setzen wir auf die Innovationskraft der deutschen Automobilindustrie. Wir wollen eine saubere Mobilität, die Umweltzonen und Feinstaub- plaketten mittelfristig überflüssig macht. SPD: Es gibt für die SPD keine Priorität. Wir bevor- zugen einen Mix aus den verschiedensten Ver- kehrsträgern. Wir wollen die Straßeninfrastruktur erhalten und ausbauen. Das gilt auch für die Schie- nen- und Wasserwege. Dabei vernachlässigen wir auch nicht den Fahrradverkehr. Selbstverständlich sehen wir den Luftverkehr auch als einen wichtigen Verkehrsträger an. Das gilt nicht nur für den Passa- gierverkehr, sondern auch für die Logistik. Grüne: Union und SPD haben über Jahrzehnte den Verschleiß der Infrastruktur hingenommen und stecken auch heute noch wertvolles Geld in ab - seitige Straßenbauprojekte vor Ort. Für uns hat da gegen Erhalt vor Neubau Priorität, gerade im Bereich der vielfach maroden Brücken. Mittel für Neubau wollen wir auf ein bundesweites Vorrang- netz konzentrieren. Höhere Investitionen werden wir auch für das Schienennetz einplanen und den raschen Aufbau eines flächendeckenden Lade- systems für Elektrofahrzeuge sicherstellen. FDP: Wir brauchen einen bedarfsgerechten Aus- bau der Verkehrsinfrastruktur, der sich an den tatsächlichen Mobilitätsbedürfnissen orientiert. Vorrangig ist der Ausbau der überlasteten Haupt- achsen und Knotenpunkte. Wir fordern deutlich mehr Mittel für Verkehrswege – und damit mei- nen wir Bundesautobahnen und -fernstraßen genaus so wie den schienengebundenen ÖPNV. Ideologisch motivierte Behinderungen von Neu- und Ausbaumaßnahmen lehnen wir ab. SPD: Nein. Verbote stehen immer am Ende eines Maßnahmenkatalogs, nie am Anfang. Zuerst müssen andere Maßnahmen getroffen werden. Das fängt damit, Motoren bei Pkw, Lkw und Bussen nachzurüsten, den ÖPNV auszubauen, den Fahrradverkehr weiter zu entwickeln, alle digitalen und vernetzten Möglichkeiten zu nutzen und alternative Antriebe zu fördern. Grüne: Fahrverbote werden dort, wo Diesel-Pkw für eine giftige Atemluft verantwortlich sind und Luftreinhaltepläne nicht eingehalten werden, von Gerichten angeordnet. Wir wollen Fahrverbote vermeiden und haben die Bundesregierung immer wieder dazu aufgefordert, eine geordnete Nachrüstung von Diesel-Pkw auf den Weg zu brin- gen. Verkehrsminister Dobrindt hat das viel zu lange ignoriert und die Kommunen bis heute im Stich zu lassen. Damit hat er den Schaden immer weiter vergrößert und letztlich auch der Auto- mobilindustrie keinen Gefallen getan. FDP: Von den derzeit diskutierten Plänen für Dieselfahrverbote wäre in etwa die Hälfte der in Deutschland zugelassenen Dieselfahrzeuge betroffen. Wir Freie Demokraten lehnen solche Fahrverbote ab. Die Luftqualität in den Städten ist heute deutlich besser als vor 20, 30 oder 40 Jahren. Ein Fahrverbot für Diesel-Pkw wäre daher unver- hältnismäßig, da sie einen massiven Wertverlust bedeuten und betroffene Fahrzeughalter im Prin- zip enteignen würde. Im Gegensatz zu dieser Maß- nahme, die insbesondere Handwerker, Pendler, Familien und finanzschwache Haushalte ohne Neufahrzeug treffen würde, sprechen wir uns für eine bessere Verkehrsplanung und mehr Investi- tionen aus, die einen zügigen Verkehrsfluss und einen attraktiveren ÖPNV ermöglichen. Linke: Der Erhalt der Verkehrswege muss absolu- ten Vorrang haben, denn er ist über viele Jahre sträflich vernachlässigt worden. Wir haben uns dafür eingesetzt, die Einnahmen aus der Lkw-Maut zweckgebunden für den Erhalt zu verwenden. Zusätzliche Einnahmen sollten für die Verkehrs- wende verwendet werden. Wir wollen die Lkw- Maut auf alle Lkw ab 3,5 t und nach der Ausweitung auf alle Bundesstraßen voraussichtlich 2019 pers- pektivisch auf das gesamte Straßennetz ausweiten. Dadurch würden den Ländern und Kommunen anteilige Einnahmen entstehen, die sie zunächst ebenfalls für den Erhalt verwenden müssten. Linke: Für uns gehört die Gesundheit der Menschen in den Mittelpunkt der Verkehrspolitik. Wir befür- worten daher Umweltzonen als ein geeignetes Ins- trument, die Innenstädte lebenswerter zu machen. Dabei ist zu betonen: Es geht nicht um Fahrverbote, sondern darum, dass die Luft sauberer wird! Alle Fahrzeuge, die im Realbetrieb die Grenzwerte nicht einhalten, sind nachzurüsten – auf Kosten der Her- steller. Es darf nicht sein, dass Besitzer von Dieselau- tos für den Betrug der Hersteller mit Fahrverboten büßen müssen. Eine blaue Plakette muss unbedingt an das Einhalten der Grenzwerte im Alltagsbetrieb gekoppelt werden. AfD: Die lnfrastruktur unseres Landes wurde jahrzehntelang vernachlässigt und ist in vielen Teilen marode. Die AfD will deshalb ein bundes- weites ,,Konjunkturprogramm lnfrastruktur” (KPI) auflegen. Ziel des KPI ist die Sanierung und Aus- bau von Schienen, Straßen, Wasserwegen, Brü- cken und öffentlichen Gebäuden. AfD: Nein. Wir lehnen Fahrverbote oder Nut- zungseinschränkungen für Verbrennungsan- triebe generell ab. Der ausbleibende Effekt der Umweltzonen hat gezeigt, dass nachhaltige Ver- besserungen der Luftqualität nur durch die technischen Fortschritte der Kraftfahrzeuge erreicht werden können. 60 Motorjournalist Edition 2017 CDU/CSU: Die Entwicklung des automatisierten Fah- rens wird dazu führen, dass öffentliche Verkehrsmittel flexibel per Knopfdruck verfügbar sind. Wir wollen, dass Deutschland autonome Fahrzeuge zur Marktreife führt, die wir gemeinsam mit der Automobilindustrie ins Werk setzen wollen. Wir werden erreichen, dass Deutschland international Innovationsführer wird. Wir wollen die Besten sein beim Bau intelligenter Autos und intelligen- ter Straßen. Wir werden hierfür die staatlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen verbessern. Wir haben jedoch bereits jetzt die gesetzlichen Vorausset- zungen hierfür geschaffen. SPD: Autonomes Fahren wird in Zukunft nur funktionie- ren, wenn die technischen, besonders sicherheitstech- nischen und rechtlichen Voraussetzungen stimmen. Dazu gehören auch Fragen der Haftung und des Ver- sicherungsschutzes. Uns ist zudem wichtig, dass der Daten- und Personenschutz beachtet wird. Rechts- sicherheit ist wichtig. Autonomes Fahren ist ein ganz wichtiges Zukunftsthema von Mobilität. Die Chancen sind groß und zu nutzen. Autonomes Fahren ist wichtig für die Nachhaltigkeit zukünftiger Mobilität, wichtig für die Verkehrssicherheit und wichtig für den Wirtschafts- standort Deutschland (Innovationsfähigkeit der Auto- mobilbranche). Vorschläge für entsprechende Normen liegen vor, diese gilt es sorgfältig zu diskutieren. Grüne: Autonom fahrende Autos bieten große Poten- tiale für das Mobilitätssystem der Zukunft – hierfür fehlt es allerdings bis heute an einem klaren verkehrspoliti- schen Konzept der Bundesregierung. Die bisherige Gesetzesgrundlage von Verkehrsminister Dobrindt ist dürftig, denn sie schafft keinerlei Rechtssicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir wollen für klare und nutzerfreundliche Nutzungs-, Haftungs- und Datenschutzregelungen sorgen. FDP: Wir Freie Demokraten setzen uns für eine Digitalisie- rungsoffensive im Verkehrswesen ein. Damit wollen wir den Verkehr hierzulande mit mehr Digitalisierung wieder auf die Überholspur bringen. Ob auf der Straße, Schiene, über Wasser oder in der Luft – überall bieten sich durch intelligente Verkehrssysteme und Mobilität 4.0 mit vollau- tomatisiertem und autonomem Fahren große Chancen: Innovative neue Entwicklungen im Verkehrswesen dürfen durch bestehende Monopolregelungen nicht behindert werden. Wir Freie Demokraten sehen autonomes Fahren als Chance für selbstbestimmte Mobilität und gesell- schaftliche Teilhabe für diejenigen, deren Mobilität der- zeit eingeschränkt ist. Autonom fahrende Verkehrsmittel bieten zudem neue Perspektiven für die Attraktivität des ländlichen Raumes. Aus diesem Grund werden wir die bis- herigen Anstrengungen von Forschung, Industrie, Unter- nehmen und Kommunen verkehrsträgerübergreifend positiv begleiten sowie gesetzgeberische Fortentwick- lung – wo gegebenenfalls erforderlich – prüfen. Linke: Durch Digitalisierung und Automatisierung wird sich der Straßenverkehr erheblich wandeln, mit großen Chancen und Risiken. Es ist davon auszugehen, dass sich insbesondere durch Mitfahr-Apps die Grenzen zwi- schen öffentlichem und privatem Verkehr verwischen werden. Spätestens mit autonom fahrenden Fahrzeu- gen sind der Phantasie von Verkehrsangeboten kaum noch Grenzen gesetzt. Wir wollen den Wandel so gestalten, dass er sowohl eine bessere Mobilität ermög- licht, als auch die Umweltbelastungen des Verkehrs drastisch senkt, durch mehr öffentlichen Verkehr, durch mehr geteiltes Fahren. AfD: Es handelt sich bei autonomen Fahrzeugen um eine noch nicht alltagstaugliche Technologie. lhr Einsatz kann sich – wie jetzt am Lausitzring – über Versuchsstre- cken und definierte Streckenabschnitte entwickeln. Z.B. bietet sich dazu als erstes der Stadtbusverkehr an.